Psilocybin Therapie bei chronischer Depression
ACHTUNG: Aktuell ist die Psilocybin Therapie in Deutschland verboten! Dieser Artikel geht lediglich auf die aktuelle Studienlage ein.
Depressionen sind ein weit verbreitetes Krankheitsbild, das für viele Menschen eine relevante Einschränkung der Lebensqulität bedeutet und insgesamt an Häufigkeit zunimmt. Therapeutische Optionen sind zwar vorhanden, insgesamt aber in ihrer Wirksamkeit oft enttäuschend für viele Patienten mit einer Depression. Bekannte Antidepressiva müssen oft über Wochen eingenommen werden, um überhaupt wirken zu können - sofern sie es überhaupt tun -, andere Therapien wie die Elektrokrampftherapie sind in der Regel deutlich weniger verbreitet und erfordern einen hohen Aufwand.
Ein in den letzten Jahren wieder zunehmend in den Fokus tretender Hoffnungsschimmer ist die sog. psychedelische Therapie, bei der Substanzen zum Einsatz kommen, die nicht als klassische Antidepressiva bekannt sind. Während bereits in den 60er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts beispielsweise mit LSD oder Psilocybin experimentiert wurde, konnte sich in den 2010er Jahren die Therapie mit Ketamin etablieren. Zunächst eher eine zufällige Beobachtung zeigte sich der antidepressive Efekt der Ketaminbehandlung dann auch in vielen wissenschaftlichen Untersuchungen, die in den Jahren 2010-2020 durchgeführt wurden. In der Folge etablierte sich insbgesondere in den USA die Therapie mit einem Ketamin Nasenspray oder mit Ketamin Infusionen. Allerdings sprechen bei weitem nicht alle Patienten auf die Therapie an und die Effekte sind oft nicht von anhaltender Dauer, sodass die Suche nach anderen therapeutischen Optionen weiterging.
Psilocybin Behandlung bei Depressionen - gute Daten aus neuen Studien
Wie bereits beschrieben, war bereits vor Jahrzehnten der antidepressive Effekt von Psilocybin bereits im Fokus gewesen. Mangelnde wissenschaftliche Grundlagen und auch der wahrscheinlich wenig standardisierte Einsatz verhinderten jedoch eine Etablierung der Psilocybin Therapie bei Depressionen. Grund war sicherlich auch, dass in den letzten Jahrzehnten andere orale Antidepressiva entwickelt wurden. Die in diese inzwischen etablierten Antidepressiva gesetzte Hoffnung hat sich jedoch für viele Patienten leider nicht bestätigt.
Die nebenstehende Grafik zeigt die Anzahl der wissenschaftlichen Studien zum Schlagwort "Psilocybin" über die letzten 60 Jahre. Man kann erkennen, dass seit 5-10 Jahren massiv geforscht und publiziert wird. Quelle der Grafik: Screenshot von https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
Bei Depression Psilocybin als Therapie einzusetzen, wurde in den letzten 10-15 Jahren wissenschaftlich fundiert untersucht und es gibt einige Studien, die aufhorchen lassen. Besondere Erkenntnisse lieferte dabei eine Studie, die im April 2022 in der sehr angesehenen Zeitschrift Nature Medicine erschienen ist (Quelle). In dieser Studie wurde nicht nur der antidepressive Effekt einer Psilocybin Therapie untersucht, sondern darüber hinaus auch mit MRT-Aufnahmen des Gehirns die Veränderungen im Gehirn erfasst. Dabei zeigte sich, dass ein guter antidepressiver Effekt durch die Psilocybin Therapie erreicht werden konnte und sich in den MRT-Aufnahmen eine verbesserte Vernetzung verschiedener Hirnareale nachweisen lies. Die Psilocybin Therapie führte also nicht nur dazu, dass side Patienten subjektiv über verminderte Depressivität berichteten, es konnte darüber hinaus auch mit einer objektiven Messmethode eine Veränderungen in der Struktur bzw. der Aktivität der Nervenzellen im Gehirn nachgewiesen werden.
In einer anderen Studie, die im Jahr 2021 publiziert wurde, erhielten die Patienten im Abstand mehrerer Wochen zwei Gaben von Psilocybin. Auch in dieser Studie konnte ein schneller und anhaltender Effekt beobachtet werden (Quelle). Dass aber auch die Psilocybin Therapie keine Wunderwaffe gegen Depressionen ist, zeigte eine andere Studie aus dem Jahr 2021, die im ebenfalls sehr angesehenen Journal New England Journal of Medicine veröffentlicht wurde. In dieser Studie erhielten die Patienten entweder eine Psilocybin Therapie oder eine Citalopram Therapie. Hier zeigte sich bei beiden Patientengruppen ein deutlicher antidepressiver Effekt (Quelle). Zwar konnte man in der Auswertung eine bessere Wirkung von Psilocybin erahnen, nach rein wissenschaftlicher Beurteilung der Statistik sind beide Therapien aber gleich zu beurteilen (siehe Grafik unten, Quelle der Grafik).
Es gibt inzwischen auch größere Übersichtsarbeiten, die versucht haben, die bisher bekannten Fakten zur Psilocybin Therapie bei Depressionen zusammen zu fassen. Eine im Jahr 2021 erschienen Zusammenfassung von Artikel aus dem Jahr 2000-2020 schreibt als Fazit: "Die Wiederuafnahme der klinischen psychedelischen Forschung liefert frühe Beweise für die Wirksamkeit und Sicherheit der Behandlung bei einer Reihe von psychiatrischen Erkrankungen und stellt einen aufregenden neuen Behandlungsweg in einem Gesundheitsbereich mit großem ungedecktem Bedarf dar."