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Propofol und Sojaallergie | Aktuelle Studien und Leitlinien 2024

Propofol Soja Allergie
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Propofol bei Sojallergie ist kontraindiziert?!...

Das ist immernoch bei vielen Anästhesisten ein schneller Reflex, wenn eine Narkose bei einem Patienten geplant werden soll, der auf Soja allergisch reagiert. Grund dafür ist der (Irr-?)Glaube, dass in Propfol Sojaproteine oder Sojaöl enthalten sind, die eine Allergie auslösen können. Tatsächlich stimmt offenbar der erste Teil der Aussage: In Propofol ist Sojaprotein enthalten. Der zweite Teil, dass diese Proteine Allergien auslösen können, ist offenbar nicht richtig. Da ich als niedergelassener Anästhesist immer wieder mit dieser Frage konfrontiert bin, habe ich mir aus aktuellem Anlass einmal die Mühe gemacht und die aktuelle Evidenz und die Empfehlungen dazu angesehen. Konkret wurde mir ein Kind vorgestellt, dass zur Narkose anstand und von einer anderen Kollegin wegen "Sojaallergie" abgelehnt worden war.

Quicklinks:

Soja-Allergie und Propofol: Das sagt die Fachinfo

Schaut man sich die Fachinfo zu Propofol an, gibt es leider eine böse Überraschung: Demnach darf Propofol nicht verwendet werden, wenn eine Allergie gegen Soja oder Erdnuss besteht (Propofol Baxter). Gleiches findet sich bei Propofol Fresenius und auch in der Fachinfo von Propfol-Lipuro (B. Braun) steht, dass Propofol nicht angewendet werden darf bei Überempfindlichkeit gegen Sojaöl. Ist damit das Thema erledigt? Nein, denn wenn man andere Quellen hinzuzieht, ergibt sich ein etwas differenzierteres Bild.

Soja-Allergie und Propofol: Die Studienlage

Obwohl laut Fachinfo "verboten", gibt es inzwischen etliche Daten zur Anwendung von Propofol bei Vorliegen einer Soja- oder Erdnuss-Allergie. Die größte Auswertung dazu wurde im Jahr 2021 in "Pediatric Anesthesia" im Rahmen einer retrospektiven Analyse publiziert (Quelle). Insgesamt wurden über 200.000 Narkosen an einem Kinderkrankenhaus ausgewertet. Bei etwa 2000 Kindern war eine Soja-Allergie vorhanden, bei 5800 Kindern wurde eine Erdnuss-Allergie berichtet. Spannend sind die Ergebnisse, denn es gab unter den ausgewerteten 200.000 Narkosen tatsächlich einen Fall einer schweren allergischen Reaktion (Anaphylaxie) auf Propfol. Bei diesem Kind war jedoch keine Allergie vorbekannt, weder gegen Soja, noch gegen Erdnuss oder Propfol. Bei den über 2000 Kindern mit anamnestischer Soja-Allergie ergab sich kein einziger Fall einer Anaphylaxie. Die Autoren schliessen aus diesen Daten, dass es keinen Hinweis darauf gibt, dass eine Anaphylaxie bei vorhandenen Allergien häufiger ist als bei Kindern ohne Allergien. In einer Arbeit aus dem Jahr 2022 wurden 64 Patienten mit gesicherter Allergie auf Soja und Erdnuss einem Propfol-Allergietest unterzogen. Nur bei einem von 64 Patienten ergab sich dabei eine Reaktion auf Propofol (Quelle). Auch hier schliessen daher die Autoren, dass es keinen Zusammenhang zwischen einer Soja-Allergie und Propofol-Allergie gibt.

Auch Reviews sehen keinen Grund zur Vorsicht

Es gibt auch einige Übersichtsarbeiten (Reviews) zu dem Zusammenhang von Sojaallergie und Propofol bzw. Propofol und allgemeine Nahrungsmittelallergien. Eine Arbeit aus den USA aus dem Jahr 2021 kommt zu dem Schluss, dass es keine hinreichende Evidenz dafür gibt, Propofol routinemäßig zu vermeiden, wenn Allergien bekannt sind. Die Autoren folgern darüber hinaus, dass bei Patienten, die zwar eine Soja-Allergie haben, aber bisher keine Anaphylaxie aufgetreten ist, Propofol sicher angewandt werden kann (Quelle). Eine weitere Übersichtsarbeit aus dem British Jounral of Anesthesia aus dem Jahr 2019 kommt ebenfalls zum Schluss, dass Propofol sicher angewandt werden kann bei Patienten mit Soja-Allergie, Erdnuß-Allergie oder Eiweiß-Allergie (Quelle). Eine Übersichtsarbeit aus Deutschland aus dem Jahr 2022 erschien in der Zeitschrift "A und I" und ergibt ebenfalls das Fazit: "Zusammenfassend gibt es somit aktuell keine Evidenz für den Verzicht auf Propofol bei Patienten mit Allergien auf Ei, Soja oder Erdnuss" (Quelle).

Leitlinien zur Verwendung von Propfol bei Soja-Allergie

Die publizierten Studien und Übersichtsarbeiten ergeben also ein ganz anderes Bild, als die Warnungen der Fachinformation. Dies hat inzwischen auch schon Eingang gefunden in einzelne Leitlinien von Fachgesellschaften zu Profofol bei Soja-Allergie. So erklärt die Arbeitesgruppe Allergologie der Österreichischen Gesellschaft Dermatologie und Venerologie, dass die Warnhinweise der Fachinformationen ganz klar nicht gerechtfertigt sind (Quelle), da die Menge an Sojaprotein in Propofol nahe oder unter der Nachweisgrenze liegt und das vorhandene Soja-Protein aufgrund der porduktionsbedingten Denaturierung gar nicht in der Lage ist, eine Allergie auszulösen. 

Mit Stand von Januar 2024 legt sich auch die American Acandemy of Allergy, Immunology and Asthma fest: "Patienten mit Soja Allergie oder Eiweiß Allergie können ohne weitere Vorkehrungen Propfol bekommen." (Übersetzt durch Autor, Quelle)

Propofol und Soja-Allergie: Welche Alternativen gibt es?

Natürlich kann man eine Narkose bei einem Patienten mit Soja-Allergie auch ohne Profofol einleiten - auch wenn es wie dargestellt eigentich keinen Grund dazu gibt. Mögliche Alternativen zu Propfol als Einleitungs-Hypnotikum wären:

  • Trapanal (Thiopental)
  • Ketamin
  • Etomidate

Trapanal wurde bis zur breiten Einführung von Propfol in vielen Kliniken standardmäßig verwendet, wurde aber inzwischen fast komplett verdrängt und wird nur noch bei bestimmten Indikationen angewandt. Die Einleitungsdosis liegt bei 3-5mg/kg KG, bei Kindern höher bis ca. 6-8 mg/KG kg. Aufgrund der pharmakokinetischen Eigenschaften eigenet sich Trapanal jedoch nicht zur Narkose-Aufrechterhaltung. Hier muss dann beispielsweise mit Gas gearbeitet werden, wenn man auf Propofol verzichten möchte. Ketamin ist ebenfalls gut geeignet zur Narkoseindikation, sollte dann aber in Kombination mit Midazolam verwendet werden, um sog. Dissoziationen zu vermeiden. In der Notfallmedizin wird es beispielsweise gerne aufgrund seiner großen therapeutischen Breite, guten Verträglichkeit und stabilen Hämodynamik angewandt. Zur Narkoseinduktion sollte man jedoch ausreichend dosieren und mindestens 3-5 mg/kg KG verwenden. Etomidate habe ich als Anästhesist mit 20 Jahren Berufserfahrung noch niemals benutzt - aufgrund seiner negativen Eigenschaften im Hinblick auf die Nebennierenrindensuppression halte ich es für obsolet.

Propofol bei Soja-Allergie - Mein Fazit

Auch wenn es immernoch in der Fachino steht: Propofol kann bei bekannter Nahrungsmittel-Allergie sicher eingesetzt werden. Ich persönlich handhabe das so, dass ich die Eltern ausführlich über meine Entscheidungsgründe informiere und ihnen anbiete, die Narkose mit Propofol durchzuführen. Ich entscheide mich für eine ausführliche Dokumentation des Aufklärungsgesprächs und habe damit bisher gute Erfahrungen gemacht. Bei keiner meiner Narkosen ist in den letzten 20 Jahren eine anaphylaktische Reaktion auf Propofol aufgetreten und ich habe bisher niemals auf Propofol verzichtet.

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